*Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, ob ich einen Urlaub auf hoher See verbringen möchte. Das Element Wasser ist mir heute noch suspekt, sobald ich keinen festen Boden unter den Füssen habe. Ich bin eben eine echte Landratte. Die klassischen Vorurteile einer Kreuzfahrt sind oft gleich: viele Menschen, links, rechts, vorne, hinten, unten – überall Wasser, Seegang und das Gefühl eingesperrt zu sein… Würde ich an Reinkarnation glauben, hätte ich auch die Antwort für meine Aversion: Ich bin auf den Tag genau 60 Jahre nach dem Untergang der Titanic wieder auf der Welt gelandet bin. Aber wer rastet, der rostet… Liebe macht blind und versetzt Berge… und Mike auf Mein Schiff. Wir beide haben die gleichen Initialen, es muss wohl ein Wink des Schicksals sein…
1. Tag: Beim Einchecken verabschiede ich mich skeptisch vom Gepäck, das ich erst auf dem Schiff wieder sehen soll. Für Menschen wie mich, die nicht lange stillsitzen können, will der Flug in die Dominikanische Republik nach La Romana – gefühlt – niemals enden. Nach 13 Stunden betrete ich nun wieder festen Boden und atme frische Luft. Der kleine Flughafen macht eher den pittoresken Eindruck einer idyllischen botanischen Gartenanlage mit größerem Häuschen und überall Palmen und riesige, blühende Oleanderbüsche. Nach einem kurzen Transfer lande ich am Kreuzfahrt-Terminal. Bei der Einschiffung habe ich nur wenige Mitreisende vor mir und ein paar Minuten später verlasse ich das Terminal. Von Menschenmassen keine Spur. Da liegt Mein Schiff 5 nun vor mir, malerisch von Palmen flankiert. Sie ist erst seit 7 Monaten im Dienst und quasi neu. Mir wird langsam richtig mulmig zu mute. Umdrehen kann ich nicht, es gibt keinen Plan B! So betrete ich Mein Schiff 5 und es ist wie ein Schritt in eine andere Welt: Es liegt ein Willkommen und eine Art „lass los“ in der Luft und auch visuell verbreitete sich ein Gefühl von Ruhe und Entspannung. Noch immer im „Staunen-Modus“ betrete ich die Kabine und tatsächlich sind die Koffer da. Pünktlich gehe ich zur Musterstation zur obligatorischen Seenotrettungsübung. Das Schiff hat noch nicht einmal abgelegt und wir proben den Ernstfall (Scherz). Ausgehungert geht es dann zum Buffetrestaurant Anckelmannsplatz. Ein Buffet mit so vielen Laufmetern sehe ich zum ersten Mal. Es ist mir bis heute ein Rätsel, wie man es schafft, ein Buffet warmzuhalten, ohne dass Speisen verkochen oder austrocknen, und aufzufüllen, ohne dass man es bemerkt. Nächste Station ist Programm: ÜberschauBar, deren Besuch wird mein Ritual. Jeden Abend werde ich nun hier sitzen, wissend aber immer wieder aufs Neue erschrecken, wenn das Schiffshorn das Ablegen laut verkündet und wir mit Unheiligs „Große Freiheit“ den Hafen in Richtung Sonnenuntergang verlassen.
2. Tag: Wir verlassen die Karibische See und das Schiff fährt nun ruhig durch den Atlantischen Ozean. Ich genieße das Frühstück im Anckelmannsplatz mit bodentiefen Fenstern, die Aussicht vom Deck 12 lohnt sich. Besonders lecker ist die Backstube mit ihren Eigenkreationen. Unser Captain Todd wird vertrauter Begleiter und erklärt uns jeden Morgen alle nautischen, meteorologischen und technischen Gegebenheiten des Tages. Ich bin tiefenentspannt, eine Seite, die ich neu an mir entdecke. Das Schiff ist groß, ich habe viel Zeit – jetzt geht es auf Erkundungstour. Sehr hilfreich sind die großen LED-Info-Wände auf jedem Deck neben den Fahrstühlen. Verlaufen fällt schwer. An einem Seetag sind die Sonnendecks natürlich gut besucht, man findet immer eine Möglichkeit zum Sonnenbaden, um den blassen Winter-Teint gegen karibische Bräune einzutauschen. Die Seeluft macht hungrig und probiere ich das Tag & Nacht Bistro aus. Wenn Du es siehst, werden Du verstehen, warum es „Mein Birkenwäldchen“ ist. Hier werden rund um die Uhr eine kleine Auswahl an Speisen für den kleinen Hunger frisch bereitet. Klein, aber fein. Mittlerweile ist es nachmittags, ich genieße die Welt … ÜberschauBar & UnverzichtBar und gleich um die Ecke ist die Außenalster. Nicht nur die frisch gegrillten Datteln im Speckmantel sind empfehlenswert.
3. Tag: Leider hat meine innere Uhr sehr große Schwierigkeiten bei der Integration in die örtliche Zeitzone. So statte ich jeden Morgen meinem Birkchenwäldchen einen Besuch ab und gehe mit einer Tasse Kaffee in Richtung Bug, um den Sonnenaufgang alleine in völliger Ruhe zu genießen. Heutiges Ziel ist die Insel Dominica, gänzlich in Nebel gehüllt, nur die Berge schauen oben raus. Das kleine Eiland gehört zu den kleinen Antillen und zu den Inseln über dem Winde. Nach dem Frühstück geht es an Land, ich erwandere den Regenwald. Er ist anders, als ich ihn mir vorgestellt habe. Aber wir sind nicht am Amazonas oder in Asien. Der Karibische Regenwald ist auf seine Art sehr schön. Ich bin immer noch fasziniert, dass einige unserer Zimmerpflanzen hier riesige Büsche oder gar Bäume sind. Für den kleinen Hunger zwischendurch geht es heute in die Bosporus Snackbar. Den Sonnenuntergang genießen wir – wie immer – ÜberschauBar und gegen später UnverzichtBar.
4. Tag: Langsam hebt sich der Nebel nach Sonnenaufgang über dem nächsten Ziel: Barbados. Das wohlklingende Barbados ist in aller Munde und gilt als schönste Insel des Commonwealth. Hier sollte man unbedingt auf sein Outfit achten: Auf der Insel steht das Tragen von Militärkleidung/Camouflage-Style auch in Form von Taschen, Rucksäcke, etc. und das Rauchen in der Öffentlichkeit unter Strafe.
Heute will ich mir einen Traum erfüllen: Menschenleere, endlose weiße Sandstrände, meterhohe Palmen und türkisfarbenes Wasser – manchmal ist weniger mehr, um glücklich zu sein. So schaue ich kurz auf die Karte, steige in ein Taxi, verlasse Bridgetown und genieße den Tag in der erträumten Idylle und in vollkommener Abgeschiedenheit.
5. Tag: Weil es hier so schön ist, bleiben wir noch einen halben Tag auf der Insel. Ich genieße das bunte Treiben vom obersten Deck aus. Gegen Mittag verlassen wir Barbados und so kann ich alle Annehmlichkeiten des schwimmenden Hotels nutzen. Das Abendprogramm ist ÜberschauBar, PoolBar und AbtanzBar.
6. Tag: Frühmorgens schaue ich zu, ob Captain Todd Mein Schiff richtig im Hafen von Fort-de-France einparkt und traue ich meinen Augen nicht: Es sieht nicht nur aus wie Europa, wir sind in Europa … nur viel wärmer und mit mehr Palmen! Martinique hat seinen eigenen, faszinierenden Charme – eine prickelnde Mischung aus karibischem Flair gepaart mit (mittel-)europäischer Urbanität und den Vorzügen der EU. Ich muss kein Geld tauschen und bummle entspannt durch den Hafen und wie der Zufall es will, sitze ich in einem Speedboat. Es startet eine 6-stündige Fahrt wie aus dem Bilderbuch: Ich habe wunderschöne Küsten gesehen, wie man sie nur aus der Wasserperspektive sieht, mit verträumten kleinen Buchten, ich springe vom Boot einfach ins klare Wasser und schwimme an Land, esse frische Ananas und trinke Punsch – es sind paradiesische Zustände und ich fühle mich wie Gott in Frankreich. Vielen Dank für dieses Erlebnis!
7. Tag: Heute erreichen wir Guadeloupe, einer weiteren Insel über dem Winde. Sie ist wie auch Martinique französisches Überseegebiet, unterscheidet sich jedoch gravierend. Die Insel, die aus Vogelperspektive – von der Form her – an einen Schmetterling erinnert, besticht durch ihre Landschaft. Eine Seite der Insel ist vulkanisches Bergland, die andere Regenwald. Ich bummle ganz entspannt durch Gassen von Pointe-a-Pitre und bin fasziniert vom Markt mit seinen bunten Farben und den Gerüchen der Gewürze, die in der Luft liegen. Heute Abend lass ich mich kulinarisch im Atlantik Klassik verwöhnen. Der Besuch ist sehr empfehlenswert und ein Freudenfest für den Gaumen.
8. Tag: Meine innere Uhr stellt sich langsam um. Aus Tradition genieße ich am Bug die morgendliche Ruhe und das leise Rauschen der Wellen, wenn die Sonne über dem Meer aufgeht. Danach wird eine kleine Runde weitergeschlafen. Der heutige Hafen befindet sich auf St. Lucia. Sie zählt zu eine der landschaftlich schönsten karibischen Inseln. Heute habe ich aber etwas ganz anderes in Auge gefasst: Ich gehe auf besondere Beobachtung! Es dauert auch nicht lange und da sind sie: Delfine und Pilotwale. Es sind relativ große Schulen, die immer dichter bis in greifbare Nähe auf uns zu kommen. Ein einmaliges Erlebnis. Für den Rest des Tages bin ich überwältigt.
9. Tag: Heute erreichen wir Grenada. Wegen den zahlreichen Muskatplantagen wird die Hauptinsel auch Gewürzinsel genannt. Nach einem Bummel durch die Stadt besuchen wir den Kräuter- und Gewürzgarten. Es ist ein faszinierendes Erlebnis für alle Sinne, exotische Gewürze und Kräuter in natura zu sehen, die wir sonst nur getrocknet kennen.
10. Tag: Den heutigen Tag verbringen wir wieder auf dem Meer. Wir gehen shoppen, genießen das abwechslungsreiche Bordprogramm und essen und trinken und sonnen uns. Mich beschleicht langsam das Gefühl, dass das Housekeeping immer wartet, dass wir unsere Kabine verlassen. Sie machen die Betten morgens, mittags verwandeln sie die Bettdecken in Tierchen, abends werden sie zum Schlafengehen aufgeschlagen und ein Betthupferl ist immer dabei. Vielen Dank!
Heute beginnt der 11. Tag unserer Reise und eine leise Stimme in mir fragt, wie es wohl zu Hause ist? Die Frage wird von Daheimgebliebenen schnell beantwortet: Es sind seit fast einer Woche nachts -15 °C! Gott sei Dank bin ich in der Karibik! Heute erreichen wir Curacao, eine der Inseln unter dem Winde oder das C der ABC-Inseln. Wenn Du mich fragst, wie ich Dir Willemstadt beschreiben soll, kann ich nur so viel sagen: Die Stadt ist in etwa wie Alkmaar, Edam oder Gouda nur in bunt. Und wenn ich sage, bunt dann nicht bunt wie in Holland sondern karibisch bunt. Wir schlendern ausgiebig durch die Stadt. Zurück auf dem Schiff entdecken wir im Anckelmannsplatz das Kuchenbuffet – leider erst jetzt oder zum Glück?
12. Tag: Wir erreichen wir Bonaire – das „B“ der ABC-Inseln. Wir lassen uns zu Klein Bonaire übersetzen und genießen einen wunderschönen Tag am Meer an einem wunderschönen Naturstrand. Das unbewohnte Naturschutzgebiet liegt nur etwas über dem Meeresspiegel, grenzt unmittelbar an ein intaktes Korallenriff und ist bei Tauchern und Schnorchlern sehr beliebt.
13. Tag: Die letzte Station unserer Reise heißt Aruba. Ich habe schon vor Wochen einen Ausflug gebucht, auf den ich mich besonders freue: Wir tauchen mit der Atlantis, einem U-Boot, und erkunden die karibische Unterwasserwelt. Ich fühle mich wie Hans Hass, als er vor 70 Jahren zum ersten Mal die Korallen in der Karibischen See filmte. Es gibt nur kleine Unterschiede: Er filmte mit seiner selbstgebauten Kamera, ich mit meiner Digi-Cam; er wurde nass, ich sitze im trockenen.
Auf dem Schiff angekommen, genießen wir die Stimmung in der ÜberschauBar, mit dem Gesang von Unheilig verlassen wir den Hafen. Sogar von der Bar aus kann man die Korallenbänke sehen. In leuchtenden Farben versinkt die Sonne langsam im Meer.
14. Tag: Ich genieße die frische Seeluft. Seetage sind eine willkommene Abwechslung: Ich habe keinen Zwang pünktlich beim Ausflug zu erscheinen oder ähnliches. Ich lasse einfach die Seele baumeln lassen und bin eins mit der See. Und ich kann alle Annehmlichkeiten – wie etwa den Spa-Bereich – des Schiffes nutzen. Vor dem Schlafengehen stelle ich die Koffer vor die Tür, die ich dann im Hafenterminal wieder in Empfang nehme.
15. Tag: Da mein Rückflug spät ist, kann ich noch einen ganzen Tag das Schiff genießen. Am Spätnachmittag heißt es dann: Auf Wiedersehen! Schade, aber ein bisschen freue ich mich auch wieder nach Hause zu kommen. Am nächsten Tag erreiche ich Deutschland mit einem Temperaturunterschied von über 40 °C.
Ein großer Vorteil bei Mein Schiff ist, dass man Dank all inclusiv schon vor dem Urlaub weiß, wie teuer er wird und daher eine Art Kostenkontrolle hat. Im Reisepreis sind Speisen, Getränke, Trinkgelder, etc. enthalten, hinzu kommen lediglich Kosten für kostenpflichtige Restaurants, Ausflüge und Ausgaben privater Art. Die Kabinen sind im Vergleich zu internationalen Reedereien recht groß, es gibt an Bord zahlreiche unterschiedliche Restaurants und Bars.
Ich habe auf dieser Kreuzfahrt Blut geleckt und ich bin mir sicher, es war nicht mein letzter Urlaub auf einem Schiff.
Non, je ne regrette rien!